Heimatkunde
AULENDORF
08. .Oktober 1993 Beilage zu „aulendorf aktuell“
Herbert Hasenmaile
Für Badende und Schwimmende ein Jungborn zu neuer Kraft und gesteigertem Lebenswillen … “ (Aulendorfer Tagblatt, 28. Mai 1932)
Eine neue Dimension erhielt der Badespaß hier in Aulendorf durch den Steeger See, und das schon einige Jahre bevor die Gemeinde das „Strand-, Wald- und Luftbad“ in eigene Regie übernahm.
1924 begannen einige Aulendorfer damit, das Baden im Steeger See zu ermöglichen. Graf Erwin, der Moorsee war damals noch Besitz der gräfl. Familie, gab die Erlaubnis dazu, vorausgesetzt, die Gemeinde erließ eine verbindliche Badeordnung. Dies geschah durch den Gemeinderat am 11. Juli 1924:
„Für das Baden im Steeger See gilt insolange, als die gräfl. Standesherrschaft als Eigentümerin des Sees diesen dem Gebrauch zum Baden überläßt, die folgendeortspolizeiliche Vorschrift:
1.) Das Baden im Steeger See darf nur in einem Badeanzug erfolgen;
2.) Frauen und Mädchen ist das Baden nur auf der Bahndammseite – nördlich -, Männern und Jünglingen nur auf der entgegengesetzten Seite – südlich – gestattet“ .
Das Oberamt Waldsee gab am 7. August 1924 seine Zustimmung.
Aus einem anfänglich mehr losen Zusammenschluß entstand drei Jahre später die „Badegesellschaft Aulendorf -Steeger See“ . Mit dieser Vereinsgründung gaben die Initiatoren ihrem Vorhaben, im Steeger See Badefreuden zu ermöglichen, eine sichere Rechtsgrundlage. Schade, daß die Sitzungsprotokolle und Beschlüsse dieser privaten Badegesellschaft nicht überliefert sind (oder werden sie vielleicht noch von einer Familie aufbewahrt und liegen sie nur vergessen in einer Truhe?). So ist nichts bekannt von den Vereinsstatuten, Mitgliederzahlen und Mitgliedsbeiträgen, nichts über Rechnungsabschlüsse, Rechenschaftsberichte und Vorstandswahlen, auch nichts über aufgestellte Badeordnungen und wie die neue Schwimm-Möglichkeit sich neben der schon vorhandenen am Mahlweiher behaupten konnte.
Wenn auch nichts Näheres über die Aktivitäten der Badegesellschaft bekannt ist, bewundernswert sind diese jedenfalls, und der Idealismus der Akteure ist nach 70 Jahren immer noch lobenswert.
1931 ist ein wichtiges Jahr in der Geschichte des Steeger See-Bades. In der Sitzung des Gemeinderates am 4. März begann Bürgermeister Vochezer mit einer ausführlichen Darlegung der Wirtschaftslage im allgemeinen und derjenigen Aulendorfers im besonderen:
„Eine mehr als zur Genüge bekannte Tatsache ist es, daß durch den unheilvollen Weltkrieg die ganze Weltwirtschaft in ein außergewöhnlich kritisches Stadium gekommen ist und deren Räderwerk, das vordem im großen und ganzen gut funktionierte, in nur noch stockender und unbefriedigter Weise kursiert. Und das Betrübendste daran ist, daß vor allem unser Vaterland es ist, das als der weitaus größte Leidtragende in Frage kommt“.
Die Räte horchten auf. Eine solch ernste, die weite Welt und das ganze Vaterland umfassende Betrachtung ließ Bedeutsames erwarten. Ihr Vorsitzen der kam dann auch bald zu den wirtschaftlichen Verhältnissen in Aulendorf:
„Zugegeben kann werden und darf wohl auch an dieser Stelle Erwähnung finden, daß unsere Gemeinde bis auf die neueste Zeit verhältnismäßig ziemlich glimpflich davongekommen ist: dank der allgemeinen sozialen Fürsorgeeinrichtungen, dank besonders des Umstandes, daß eben doch eine große Anzahl Bürger, wenn zum Teil auch nur mäßiges, so doch ein sicheres Dienst-, bzw. Arbeitseinkommen im Bahn- und Postdienst hat, dank auch einiger anderer industrieller und sonstiger Betriebe, die eine schöne Anzahl von Arbeitern und Arbeiterinnen immer beschäftigen konnten, sowie dank der umfangreichen Bautätigkeit in den letzten Jahren“.Ging es den Aulendorfern nach Meinung ihres Bürgermeisters während der Weltwirtschaftskrise (1930-1933) noch einigermaßen gut, so zeichnete er für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Grafenhauses ein weit düstereres Bild:
„Dann muß als weiterer Gegenstand der Sorge für die Zukunft auch gerechnet werden die Wandlung in den Verhältnissen unserer GräfI. Standesherrschaft.
Es ist ja ein offenes Geheimnis und darf auch von uns, den Vertretern der Gemeinde, nicht unbeachtet gelassen und im Zusammenhang mit diesen Darlegungen auch nicht verschwiegen werden, daß auch sie, die Standesherrschaft, durch die allgemeine Wirtschaftslage stark in Mitleidenschaft gezogen worden ist, da sie insbesonders durch den enormen Rückgang des Waldbesitzwertes und Holznutzungsertrags, dann aber auch durch zunächst ungünstig sich auswirkende Unternehmungen industrieller Art in nicht geringe Schwierigkeiten auf finanziellem Gebiet geraten ist.
Zeugnis hievon legen unter anderem auch das Eingehen des vormals so schönen Hofgartens mit anschließender gut gepflegter Anlage, welche beide Freude und Genuß geboten hatten den Ortseinwohnern wie auch den zahlreich hier vorübergehend verkehrenden Fremden, die Entlassung von Angestellten und Arbeitern, die Aufgabe des Wohnsitzes der Gräfl. Familie hier, das einer Verwaisung des so schönen und hübsch gelegenen Schloßgebäudes gleichkommt( …. )
Die Gemeinde hat allen Grund, stets dankbar zu sein für die namentlich seit 1919 getätigten bedeutsamen Zuwendungen des Gräfl. Hauses an die Gemeinde, und es kann sowohl hinsichtlich dieses Umstandes als auch um der Zukunft willen nur das der aufrichtige Wunsch der Gemeinde und ihrer Vertretung sein, daß sich bald wieder und nachhaltig das Schicksal des GräfI. Hauses zum Besseren wenden möge“.
Was der Bürgermeister sagte, fand die Zustimmung der Gemeinderäte. Er konnte also nach seiner langen Vorrede ihrer Zustimmung sicher sein, wenn er einen Vorschlag andeutete, wie dem Grafen geholfen werden
kann, einer Hilfe, die auch dem Ort zugute käme:.
Entgegen der früheren grundsätzlichen Einstellung unserer Standesherrschaft, hat diese in letzter Zeit eine größere Anzahl von Grundstücksverkäufen aus dem Fideikommißvermögensbesitz (Anm.: unverkäufliches und unteilbares Erbgut, Stammgut) getätigt. Das gab dem Vorsitzenden Anlaß, dieser Angelegenheit doch weitere Aufmerksamkeit zu widmen und die ihm geboten scheinenden Schritte zu unternehmen. Dies durfte naturgemäß nur in einer Art geschehen, die der Sachlage angemessen und würdig und in erster Linie darauf Bedacht nahm, nach indirekter Fühlungnahme über die weiteren Absichten der Standesherrschaft mit dieser zu einer vertraulichen Besprechung zu kommen. Nach Ansicht des Vorsitzenden konnte es sich zunächst nur um zwei Objekte handeln, die es ohne weiteres rechtfertigen ließen, sie event. für die Gemeinde zu erwerben.
Dies wären ein Teil der Anlage, das hintere südwest!. Stück, das in dankenswerter Weise bis jetzt immer noch für das Publikum zugänglich war als ein so schönes Plätzchen für Erholung- und Ruhesuchende, und der Steeger See, dessen Benützung als Volksbad in gleich anerkennenswerter Weise von der Standesherrschaft zur Verfügung gestellt ist“.
Jetzt war die Katze aus dem Sack gelassen. Nach all dem, was der Bürgermeister vorgetragen hatte, war „auch das Gemeinderatskollegium der Meinung, daß es mehr als wünschenswert wäre, diese Objekte gegebenfalls dem Eigentum der Gemeinde einverleiben zu können und daß es deshalb begrüßt würde, wenn es gelänge, den Erwerb zu annehmbaren Bedingungen zu realisieren“ .
Nägel mit Köpfen wurden in dieser Sitzung noch nicht geschmiedet, war wohl auch nicht beabsichtigt, denn „diese hochwichtige Sache bedarf nach all dem (Gesagten) noch näherer und gründlicher Beratungen“. Es ging nämlich auch noch um den Kauf von Waldgrundstücken, zu dem es aber nicht kommen wird (Gemeinderatsprotokoll vom 4. März 1931).
Am 13. April 1931 besichtigte der Gemeinderat den Steeger See und beriet zwei Tage später noch einmal den Kauf. „Gang und Stimmung in heutiger Erörterung lassen erkennen, daß die tatsächliche Erwerbung … auf wenig Widerstand stoßen wird“, steht dazu im Protokoll. Wieder zwei Tage später war es dann soweit. Der Gemeinderat beschloß, „den Gemeindepfleger Jäger zu bevollmächtigen, namens der Gemeinde den Kaufvertrag mit Erlaucht Graf Erwin, bzw. dessen Bevollmächtigten Domänedirektor Franz Zinser abzuschließen“. Bereits am 21. April wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Der Graf behielt nur noch das persönliche Fischereirecht.
Die Gemeinde nahm die Herz-Jesu-Statue im Park, eine Stiftung der Eltern des Grafen, in ihre Obhut. Zusammen mit den Vermessungs- und Vertragskosten zahlte sie 8058,40 Reichsmark und erhielt dafür 3 ha, 25a und 82 qm Parkanlagen mit einem wertvollen Baumbestand und den Steeger See, einschließlich des Randwaldes, mit 8 ha, 69 a und 62 qm. Das „Aulendorfer Tagblatt“ berichtete ausführlich darüber.
Es war eine gute Entscheidung, den Park und Steeger See zu kaufen. Als nach dem letzten Weltkrieg vor allem Kneippianer sich für den Ausbau Aulendorfs als Kneippkurort stark machten, wiesen sie immer mit Recht auf den Park als ein wertvolles Startkapital dazu hin.
Und daß der Steeger See zur gernbesuchten Badegelegenheit wurde, beweist die Tatsache, daß an manchen Tagen 2000-3000 Besucher kommen.
Für das geordnete Baden sorgte weiterhin die Badegesellschaft, jetzt allerdings mit einer anderen Rechtsgrundlage. Der Graf hatte das Baden nur in stets widerruflicher Weise freigegeben. Mit dem Übergang des Sees in das Gemeindeeigentum erhielt diese Vereinigung jetzt die Erlaubnis zur uneingeschränkten Benützung zugesichert. Die Badebetreiber begannen 1932 erneut und mit viel Elan ihre Einrichtungen zu verbessern und zu er weitern.
Zuvor aber wollte 1931 die Gemeinde noch eine Wegeverbindung für die Fußgänger vom nördlichen Bahnübergang durch moorige Wiesen und über einen Schussensteg zum See anlegen. Am 8. Juli 1931 richtete sie daher an das Reichsbahn-Betriebsamt Friedrichshafen die folgenden Bitten:
“ … Eine ganz wesentliche Wegverkürzung und Erleichterung für die Badebesucher wäre es nun, wenn sich der vom Bahnübergang zum See in der beil. Karte rot eingezeichnete Fußweg, der in 1,35 -1,50 m Breite gedacht ist und sich über die reichsbahneigenen Parzellen 245 und 243/2 hinzieht, durchführen ließe. Schon nach 200 m, vom Bahnübergang gerechnet, kämen die Badebesucher beiderlei Geschlechts in den schönen, sonnengeschützten gemischten Wald und könnten auf kürzestem, schattenspendendem Waldpfad den Badeplatz erreichen, woselbst Kabinen etc. errichtet sind … und wenn wir unsere Bitte noch dahin erweitern, uns zum Bau des 200 m langen Zugangweges, der über Mooruntergrund führt, 400 ausrangierte Bahnschwellen unter Eigentumsvorbehalt zur Verfügung zu stellen, so möge uns dies in Anbetracht der großen finanziellen Opfer, welche die Gemeinde zum Ankauf des Sees als Badeplatz gebracht hat und nicht zuletzt auch in Anbetracht der jährlichen Bezuschussung zum weiteren Ausbau des Bades mit je 150 RM nicht als anmaßend ausgelegt werden“.
Das Reichsbahn-Betriebswerk erlaubte den Bau des Weges „in stets widerruflicher Weise“. Zum Verschenken von 400 ausgedienten Eisenbahnschwellen konnten sich die zuständigen Reichsbahnbeamten allerdings nicht entschließen: „Dagegen sind wir bereit, Ihnen diese Schwellen zu einem mäßigen Preis, 30 RPfg. pro Stück, zu überlassen“. Der Fußweg wurde angelegt, und bis zur Schließung des nördlichen Bahnüberganges 1976 war er eine vielgenützte Möglichkeit, auf kürzerem Weg zum Badesee zukommen.
Im Jahr darauf, es wurde schon angedeutet, legte sich die Badegesellschaft mächtig ins Zeug, die Voraussetzungen für einen unbeschwerten Badespaß zu verbessern. Das „Aulendorfer Tagblatt“ berichtete darüber am 28. Mai 1932. Dabei wurde die „Pionierarbeit“ der Badegesellschaft und der „selbstlose Einsatz“ ihrer Mitglieder ins rechte Licht gerückt. Während diese die Bademöglichkeiten verbesserten, bemühte sich die Gemeinde um den Randwald. Auch darüber können sie in dem Zeitungsaufsatz auf der nächsten Seite nachlesen:
Einer, der vor allem die Durchforstung des Randwaldes kritisierte, war Parkwächter Laub vom nahegelegenen gräfI. Tiergarten, dem aber der Bürgermeister gehörig die Meinung sagte, respektive schrieb: „Ich möchte Sie mit diesem Schreiben ersuchen, Ihre abfälligen und beleidigenden Bemerkungen bezüglich unserer Arbeiten am Steeger See nunmehr einstellen zu wollen. Ihre diesbezüglichen Belehrungen können wir gut entbehren, weil sie nach fachmännischem Urteil ganz falsch sind. Wir haben nunmehr drei Sachverständige zugezogen, darunter zwei sehr erfahrene Männer des höheren Forstfaches, und wissen genau, was wir zu tun haben und was wir bezüglich des Steeger Sees und seiner Umsäumung der gegenwärtigen und der kommenden Generation schuldig sind. Falls die angestellten Erhebungen ergeben, daß Sie in diesem Zusammenhang auch den Gemeinderat beleidigt haben, so werden Sie Weiteres hören“.
Der Brief zeigte Wirkung, denn der Kritiker verstummte. Auf dem damals neu angelegten Waldweg umwandern auch heute noch viele Spaziergänger den Badesee. Jogger benützen ihn gerne zu ihrem Fitneßtraining.
Für das Instandsetzen und Erweitern ihrer Einrichtungen gab die Badegesellschaft 1932 rd. 1400 RM aus, soviel wie etwa die Einnahmen von zwei Badesaisons. Mit 800 RM Schulden begann sie das Badejahr 1933, an dessen Ende sie immer noch mit 260 RM in der Kreide stand, obwohl nur ganz dringende Reparaturen durchgeführt wurden und die „Mitglieder der Vorstandschaft wie früher in selbstloser, uneigennütziger Weise in vielen freien Stunden und an Urlaubstagen selber Hand angelegt haben“, wie es in einem Schreiben an den Gemeinderat mit der Bitte um einen Zuschuß hieß. Größere und unaufschiebbare Investitionen waren 1934 unumgänglich. Dazu kam noch ständige Kritik von Besserwissern, kein Wunder, daß die Aktiven der Gesellschaft mehr und mehr resignierten. Am 17. Januar 1934 erhielt das Gemeindeoberhaupt einen langen Brief von ihnen, den er wahrscheinlich nicht mit Freuden gelesen hat, dessen Inhalt er aber wohl oder übel akzeptieren mußte. Lesen Sie jetzt erst einmal dieses Schreiben. Es ist auf der letzten Seite ungekürzt abgedruckt als Zeugnis einer Bürgerinitiative, die mit Engagement begann und schließlich aus mehrerlei Gründen die Flinte ins Korn warf, entmutigt wohl auch, weil die Verantwortlichen voraussahen, daß die Erfordernisse an ein gutes Freibad immer größer wurden, die zu erfüllen ihnen die Mittel fehlten. Sie ahnten aber auch, daß die „neue große Zeit“ über sie hinweggehen wird und ihre Dienste nicht mehr gefragt sein werden.
Am 31.. Januar stimmte der Gemeinderat der Übernahme des Badebetriebes zu, „bedauert aber gleichwohl den Rücktritt der Gesellschaft. Dabei ist sich das Gemeinderatskollegium recht wohl bewußt, daß die Gesellschaft durch ihre Gründung, die Erstellung der Badeanlagen und die Führung des ganzen Badebetriebes viele und große Opfer sachlicher und persönlicher Art gebracht und der Allgemeinheit wie speziell der Gemeinde selbst die wertvollsten Dienste geleistet hat. Dabei waren es namentlich einige wenige, an der Spitze gestandene Männer, die in außergewöhnlich großem Maße um die so schöne, ideale Sache sich verdient gemacht haben. Diesen vor allem, aber auch allen andern, die sich in den Dienst der Sache gestellt, wird vom Gemeinderat hiemit vollste Anerkennung gezollt und wärmster Dank gesagt“ (Gemeinderatsprotokoll).
Mit dieser „vollsten Anerkennung“ und dem „wärmsten Dank“ hatte es dann auch schon sein Bewenden. Bald sprach niemand mehr von den Initiatoren des Bades, von ihrer Begeisterung für den Badespaß im Steeger See, und gleich gar nicht mehr von ihren Plackereien. Mit der Übernahme der Schuld von 260 RM konnten sich Verwaltung und Gemeinderat ins gemachte Bett legen, frei von den Schwierigkeiten, die jeder Anfang mit sich bringt. Das Geschaffene mußte nur weiter verbessert werden. Das geschah noch im gleichen Jahr und in den nachfolgenden bis heute, wenn auch nach Meinung Badefreudiger nicht immer in genügender Weise. Am 11. April 1934 „unterwarf der Gemeinderat das ganze Areal mit Badeanstalt einer gründlichen Besichtigung, um nicht nur die Beseitigung der vorgefundenen Mängel veranlassen zu können, sondern auch darüber hinaus alles ins Auge zu fassen und auszuführen, was zur Hebung und zeitgemäßen Verbesserung des Badebetriebes, zur guten Instandhaltung und Verschönerung der ganzen Anlage geboten erscheint“ (Gemeinderatsprotokoll). Von all dem, was die Räte als veränderungsnotwendig erachteten, sei ein Punkt erwähnt: „Einem dringenden Bedürfnis entspricht sodann die Beschaffung eines weiteren Floßes mit 25 qm Fläche zur gemeinsamen Benützung“. Jetzt sollte es also nebendem .Damen-“ und „Herrenfloß“auch ein .Familieufloß“ geben – Bezeichnungen, die noch viele Jahre gebräuchlich waren.
Der Bau dieses dritten Floßes kündete an, was nicht mehr länger hinausgeschoben werden konnte: Im Jahr darauf, am 23. Oktober, entschied der Gemeinderat, „den heutigen Zeitverhältnissen entsprechend nunmehr den Ausbau des Steeger See-Bades zu einem Farmilienbad (mit Strand) in die Wege zu leiten und so zu betreiben, daß die Fertigstellung bis zum Beginn der nächstjährigen Badesaison möglich sein wird. Vor allem ist der Erwerb des nötigen Platzes zu vollziehen“ (Gemeinderatsprotokoll).
Dieser Grundstücksverkauf war notwendig, um den Strand zu verbreitern und Spielwiesen anlegen zu können. Acker- oder Wiesenland zu kaufen war damals eine vertrackte Angelegenheit, wenn der Angrenzer die Staat!. Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung war. Das Land trat nämlich von seinem Besitz nur gegen Tausch gleichwertiger Grundstücke etwas ab. Also machte sich der Bürgermeister auf die Suche – und wurde fündig. Die Gemeinde kaufte von Bäckermeister und Landwirt Otto Behr (ältere Aulendorfer erinnern sich noch gut an ihn, wie er in der Fasnachtszeit als Leierkastenmann durch die Straßen zog) einen Acker an der Atzenberger Straße für die „Melkerschule“ und gab ihm dafür ein gleichgroßes Stück Feld an der Straße nach Otterswang.
Am 21. Juni 1936 war es soweit: An diesem Tage wurde das Familienbad eröffnet, vier Jahre nachdem die Waldseer „das Geschenk des gemeinsamen Badens bekommen hatten“ (Schreiben der Badegesellschaft 1933 an den Bürgermeister).
Aus den bescheidenen Anfängen 1924 war 12 Jahre später das „Strand- Wald- und Luftbad Steeger See“ entstanden, wie es sich im wesentlichen noch heute darstellt. Nach 1936 gab es gelegentliche kosmetische Korrekturen, wurden die Badeeinrichtungen nach Bedarf erweitert. Grundlegend Neues entstand nicht mehr. Pläne dazu gab es immer wieder, verwirklicht wurde keiner.
Inzwischen ist mit einem neuen Kapitel der Badegeschichte Aulendorfs begonnen worden. Durch die Schwaben Therme und ein Erlebnisbad wird der Badespaß in Aulendorf eine Güteklasse besonderer Art erhalten – nur wenige Schritte von der Stelle entfernt, wo er vor 1700-1800 Jahren begann.